Privatrundfunkgesetz – Medienpolitik muss regionale und lokale Medienentwicklung im Blick behalten und nachsteuern

Redebeitrag der Abgeordneten Dr. Claudia Maicher (BÜNDNISGRÜNE) zum Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen „Siebtes Gesetz zur Änderung des Sächsischen Privatrundfunkgesetzes“, Drs. 7/14481

85. Sitzung des 7. Sächsischen Landtages, Mittwoch, 20.03.2024, TOP 10

– Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,

die sächsische Medienpolitik muss die regionale und lokale Medienentwicklung im Blick behalten und nachsteuern, wo bisherige Regelungen nicht mehr passen. Das tun wir als Koalition mit diesem Gesetzentwurf. Er enthält einige Änderungen, die aktuell geboten sind.

Hervorheben möchte ich die Anpassung an die Entwicklung der Hörfunkverbreitung. Die bisherige Vorgehensweise war, ein hartes Ausstiegsdatum aus der UKW-Ausstrahlung festzuschreiben und dann immer wieder zu verschieben. Das hat sich nicht bewährt.

Die derzeit gültige Frist ist der 31.12.2025. Das ist planungstechnisch schon sehr bald. Es ist also höchste Zeit den Veranstaltern Planungssicherheit für ein realistischeres Szenario zu geben. Nämlich die UKW-Übertragung noch einige wenige Jahre fortzuführen. Denn die Nutzung und die Werbeerlöse über UKW gehen nun mal langsamer zurück als erwartet. Und die Abdeckung über DAB+ muss erst weiterwachsen. Es gilt also zu verhindern, dass die Sender schlagartig an Reichweite und Einnahmequellen verlieren.

Ich habe mir das kürzlich einmal beim Vogtlandradio angeschaut – übrigens einem der wenigen unabhängigen Radios in Sachsen, mit sehr guter regionaler Verankerung.

Die UKW-Kosten sind im Vergleich zur digitalen Verbreitung sehr hoch und für einen kleinen Sender schwierig zu stemmen. Betriebswirtschaftlich spricht alles dafür, die UKW-Lizenz abzugeben, sobald sie nicht mehr gebraucht wird.

Momentan ist die Hörerschaft aber noch nicht so weit. Die Tendenz in Richtung digitale Verbreitung ist jedoch eindeutig.

Das gilt für viele Sender. In dieser Situation halte ich es für gerechtfertigt, auf einen neuerlichen festen Abschalttermin zu verzichten.

In der Übergangsphase ist es wichtig, dass die Sächsische Landesmedienanstalt seit 2023 den Simulcastbetrieb fördert, also die zusätzliche Verbreitung über DAB+. Wir BÜNDNISGRÜNE sehen hierin aber keine Dauerlösung. Die Mittel werden schließlich auch an anderer Stelle für den Erhalt der Medienvielfalt dringend gebraucht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

weitere Änderungen betreffen die Angleichung an einige im Medienstaatsvertrag modernisierte Regelungen: die Trennung der Zulassung von der Zuweisung von Übertragungskapazitäten und Vereinfachungen bei der Zulassung. Überfällig ist auch die zeitlose Bezeichnung der SLM als „Sächsische Landesmedienanstalt“.

Darüber hinaus nehmen wir kleinere Ergänzungen zugunsten der Gremienarbeit in der SLM vor. Die Versammlung bekommt verbindlichere Informations- und Fragerechte gegenüber dem Medienrat. Dies soll die Arbeitsfähigkeit im Rahmen der bestehenden Gremienstruktur stärken.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen,

es ist kein Geheimnis, dass wir BÜNDNISGRÜNE weiteren Reformbedarf in der SLM sehen. Ich sage es ohne Umschweife: der Koalitionsvertrag wird mit dieser Novellierung nicht vollständig umgesetzt. Vereinbart war, die Aufgaben und die Gremienstruktur der SLM „grundsätzlich“ anzupassen.

Es hat dazu seit 2019 sehr intensive Verhandlungen zwischen den Koalitionspartnern gegeben. Die sind nicht zum Abschluss gekommen. Für unsere Fraktion möchte ich heute sagen: Wir sind nicht nur kleine Schritte auf die CDU zugegangen.

Aber die Passage im Koalitionsvertrag beinhaltet ja eindeutig keine zarte Kosmetikbehandlung, sondern eine chirurgische Korrektur am Grundgerüst. Erst dann hätte die SLM einen sicheren Tritt auf dem Feld der medialen und gesellschaftlichen Herausforderungen.

Es braucht eine breite gesellschaftliche Mitbestimmung und mehr Transparenz der medienpolitischen Entscheidungen der SLM. Deshalb wollen wir der Versammlung als plural besetztes Gremium mehr Entscheidungskompetenzen geben. Das ist in anderen Landesmedienanstalten selbstverständlich. Diesen bundesweiten Standard wollen wir BÜNDNISGRÜNE auch in Sachsen weiter einführen.

Ich sehe weiteren Gesprächsbedarf auch zur Medienkompetenzförderung. Da geht es um Angebote für verschiedene Altersgruppen und die strukturelle Unterstützung der Medienbildung in Sachsen.

Besonders wichtig ist zudem eine gesetzliche Schärfung bei der Förderung nicht-kommerziellen Rundfunks. Das ist aus der Anhörung im Medienausschuss deutlich hervorgegangen und wird zukünftig intensiv zu diskutieren sein.

Bei dieser dritten Säule unserer Medienlandschaft liegt die Programmentwicklung in den Händen von Bürgerinnen und Bürgern. Die Sender unterstützten sie bei der eigenen Programmarbeit. Sie leisten damit einen ganz wichtigen Beitrag für die demokratische Meinungsbildung vor Ort und sind ein unverzichtbarer Teil unserer Medienlandschaft.

Ohne eine klare Definition fördert die SLM jedoch aus Mitteln für nicht-kommerzielle Rundfunk auch Sender, die zwar werbefrei sind, aber ansonsten die Kriterien nicht erfüllen. Das verknappt die Mittel für beteiligungsbasierte Medieninitiativen zusehends und bringt sie in existenzielle Not.

Als Gesetzgeber sehe ich uns hier in der Pflicht, in einer folgenden Novellierung nachzusteuern um die Medienvielfalt zu erhalten. Dazu laden wir die Koalitionspartner ein.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen,

die Koalition hat mit dem Doppelhaushalt 2023/24 bereits eine wichtige Neuerung eingeführt: Die gesetzliche Aufgabe der SLM zur Förderung von Lokaljournalismus. Zwei Millionen Euro jährlich werden zur Sicherung der kommerziellen und nicht-kommerziellen Medienstrukturen eingesetzt.

Uns BÜNDNISGRÜNEN war es besonders wichtig, dass nicht nur traditionelle Kanäle gefördert werden, sondern auch innovative Entwicklungen für einen zukunftsfähigen Lokaljournalismus.

Der vorliegende Entwurf setzt nun einige weitere, jetzt notwendige Anpassungen am Gesetz um. Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung.

Vielen Dank.