Grüne kulturpolitische Akzente im Koalitionsvertrag 3. Dezember 2019 Nach Abschluss der Verhandlungen für eine Regierungskoalition von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD in Sachsen möchte ich über die kulturpolitischen Akzente informieren, für die wir GRÜNEN uns neben weiteren wichtigen gemeinsamen Zielen insbesondere eingesetzt haben. Eine Zusammenfassung der Verhandlungsergebnisse aus Grüner Sicht: https://koalitionsvertrag.gruene-sachsen.de/ Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen im Bereich Kultur Auf dem Weg zu einem Koalitionsvertrag haben wir die sächsische Kulturpolitik für die kommenden Jahre umfassend mit den Verhandlungspartnern diskutiert und uns hinter gemeinsame Grundsätze gestellt. So werden wir die Freiheit von Kunst und Kultur verteidigen, insbesondere ihren Beitrag für Vielfalt, gesellschaftliche Verständigung und Weltoffenheit in Sachsen wertschätzen und deshalb das Engagement der Kulturschaffenden stärken und eine Weiterentwicklung der sächsischen Kulturlandschaft ermöglichen. GRÜNE kulturpolitische Akzente 1. Kulturraumgesetz Die Kulturräume werden wir in den kommenden Jahren stärken und die Landesmittel weiter erhöhen, damit kulturelle Angebote in ganz Sachsen gesichert und weiterentwickelt werden können. Den Kulturpakt überführen wir gemeinsam mit den Kommunen ab 2023 in eine Regelfinanzierung und suchen nach Lösungen, wie auch Tarifsteigerungen in weiteren Sparten einbezogen werden können. Wir haben durchgesetzt, dass die Mitfinanzierung der Landesbühnen durch alle Kulturräume wieder rückgängig gemacht wird, somit fließt dieser Teil der Kulturraummittel wieder an alle Kulturräume zur eigenverantwortlichen Verwendung. Das Kulturraumgesetz als Herzstück sächsischer Kulturpolitik werden wir vor allem mit Blick auf die Erneuerungsfähigkeit und eine regelmäßige Neubesetzung der Kulturbeiräte fortentwickeln. 2. Kulturstiftung des Freistaates Sachsen Die Kulturstiftung unterstützen wir sowohl bei ihren bestehenden Aufgaben als auch bei der Weiterentwicklung der Förderinstrumente. Die Koalitionspartner werden die Mittel für die Projektförderung erhöhen und bewährte Programme wie die Konzeptförderung, die Gastspielförderung und den Kleinprojektefonds verstetigen. Auf Grundlage einer wissenschaftlichen Untersuchung in Verbindung mit einem Dialogprozess mit der Stiftung und Kulturschaffenden werden wir die Förderstrategie erweitern, beispielsweise mit Blick auf die Themen interkulturelle Kulturarbeit und Digitalkultur (siehe unten), und organisatorische und personelle Voraussetzung dafür schaffen. 3. Faire Vergütung Kulturschaffender Um der prekären Einkommenssituation vieler Kulturschaffender zu begegnen, entwickeln wir gemeinsam mit den Landeskulturverbänden Honorarrichtlinien. Dies begleiten wir durch eine breite Diskussion mit Förderern und Geförderten über eine verbindliche Umsetzung der Honoraruntergrenzen, aber auch die Auswirkungen auf die Entwicklung der Kulturangebote und notwendige praktische Unterstützung bei der Einführung der Standards. 4. Freie Szene und Soziokultur Besonders wichtig ist uns eine Bestärkung der freien Kulturszene aufgrund ihrer Funktion für eine vitale und offene Kultur-Gesellschaft, demokratische Werte und gesellschaftlichen Zusammenhalt und als Plattform für verschiedenste kulturelle Interessen und Aktivitäten. Gerade aufgrund dieser Funktion werden Vereine und Initiativen, soziokulturelle Zentren und andere Träger vor allem im ländlichen Raum zunehmend angegriffen und in ihrer Existenz in Frage gestellt. Der Freistaat muss ihnen den Rücken stärken, in Zusammenarbeit mit den Landeskulturverbänden als starken Partnern und durch die Unterstützung der Akteur*innen vor Ort. 5. Kulturorte für Dialog und Begegnung im ländlichen Raum Kultureinrichtungen und zivilgesellschaftliche Initiativen im ländlichen Raum ördern wir durch ein Programm „Innovative Kulturorte“ beim Aufbau von Kulturorten, an denen sich Menschen mit verschiedenen kulturellen Interessen begegnen und engagieren können und gesellschaftliche Diskurse angeregt werden. Bestehende Einrichtungen wie Kunstgalerien, Soziokulturelle Zentren, Kulturhäuser, Kinos, Bibliotheken und Volkshochschulen und bestehende oder neue Initiativen sollen dabei zusammenarbeiten und lokale kulturelle Infrastruktur weiterentwickeln. Durch eine möglichst offene und flexible Förderung, die wir unter Mitwirkung der Kulturverbände aufstellen, können Leistungen bei der Konzeption und Umsetzung je nach Bedarf finanziert werden. Von der Durchführung oder Begleitung von Konzeptionsentwicklung, Organisationsaufbau oder Beteiligungs- und Vernetzungsformaten über die Professionalisierung von Projekt- und Ehrenamtsmanagement bis hin zu Investitionen in Räume, Ausstattung oder digitale Strukturen. 6. Interkulturelle Kulturarbeit Interkultur werden wir als weiteren Schwerpunkt in der sächsischen Kulturpolitik und Kulturförderung einführen. Migrant*innen sollen Kulturangebote besser mitprägen und schaffen können und dadurch aus ihrer Perspektive Gesellschaft mitgestalten können – ob als Mitarbeiter*in, Ehrenamtliche*r oder Künstler*in. Interkulturelle Kulturarbeit liefert auf diese Weise einen wichtigen Beitrag zur Vermittlung interkulturelle Kompetenz. Eine Landeskonzeption zur interkulturellen Öffnung wird staatlichen und geförderten Kultureinrichtungen eine praktische Orientierung für Personalentwicklung, Diversitätsmanagement und Weiterbildung geben. Wir fördern zudem den fachlichen Austausch und die Vernetzung, zeichnen Projekte mit Vorbildwirkung aus und entwickeln gemeinsam mit der Kulturstiftung spezifische Fördermöglichkeiten für Kulturangebote von, mit und für Menschen mit Migrationshintergrund. 7. Chancengleichheit Wir wollen die Chancengleichheit von Frauen und Männern im Kulturbereich konsequent voranbringen. Dafür erarbeiten wir Handlungsgrundlagen für die Personalentwicklung der staatlichen Kultureinrichtungen und die geschlechterparitätische Besetzung von Gremien, Jurys und Fachbeiräten. Zudem unterstützen wir die bessere Vernetzung, Beratung und Interessenvertretung von Frauen in der Kultur. 8. Digitalkultur Digitale Entwicklungen wie Big Data, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Virtual-/Augmented-Reality, Crowdsourcing etc. erweitern zunehmend die künstlerische Arbeit. Neuartige Formen wie Daten-, Netz- und Hybridkunst oder die digital-gestützte Beteiligung von Menschen an der Entstehung von künstlerischen Angeboten eröffnen über alle Kunstsparten hinweg neue Ausdrucksmöglichkeiten und geben zugleich wichtige Impulse für die gesellschaftliche Diskussion der Digitalisierung. Wir setzen einen neuen kulturpolitischen Akzent auf Digitalkultur in Sachsen und wollen die Bedingungen für diese gemeinsam mit der Kulturstiftung untersuchen und verbessern. 9. Bibliotheken Um die sächsischen Bibliotheken zu Bildungsorten, Medienzentren und kulturellen Treffpunkten weiterzuentwickeln legen wir Ziele und Grundsätze in einem Landesbibliotheksentwicklungsplan fest. Wir definieren die Aufgaben und Strukturen der Landesfachstelle für Bibliothekswesen neu, gliedern sie an die Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (SLUB) an und richten dort eine Koordinationsstelle ein, die die sächsischen Kommunen bei der wissenschaftlichen Suche nach NS-Raubgut in öffentlichen Bibliotheken, der Restitution und Aufarbeitung unterstützt. Den Landesverband Sachsen im Deutschen Bibliotheksverband e.V. nehmen wir in die institutionelle Förderung auf, die Programme zur Lese- und Literaturförderung werden verstetigt. 10. Museen Damit die Vermittlung kulturellen Erbes durch die sächsischen Museen für die Zukunft gesichert wird schreiben wir die Sächsische Museumskonzeption fort, stärken die Landesstelle für Museumswesen, sichern die finanzielle und personelle Entwicklungsfähigkeit der Staatlichen Kunstsammlungen und führen die Provenienzforschung im Projekt Daphne fort. Die Staatlichen Ethnographischen Sammlungen haben dabei aufgrund der Verpflichtungen im Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Zusammenhängen und der Vermittlung interkultureller Kompetenz eine besondere Bedeutung. 11. Musikszene Die Vielzahl von aufstrebenden Bands und Einzelkünstlerinnen und -künstlern der sächsischen Musikszene im Bereich Rock, Pop, Jazz und Elektro hat ein großes Potenzial für kulturelle Vielfalt und wirtschaftliches Wachstum. Um die Wahrnehmung, Professionalisierung und strukturellen Rahmenbedingungen der Szene zu verbessern, streben wir eine bessere organisatorische Unterstützung an. 12. Filmfestivals und Kinos Die Förderung für die sächsischen Filmfestivals (u.a. DOK Leipzig, Filmfest Dresden, Schlingel, Neißefilm und Kurzsuechtig) bauen wir aus. Wir stärken Kinos vor allem im ländlichen Raum, indem wir uns bei der Mitteldeutschen Medienförderung (MDM) für eine Erweiterung und Aufstockung der Kinoprogrammpreise einsetzen. 13. Erinnerungskultur Wir bauen die sächsische Gedenkstättenlandschaft und die politischhistorische Bildung zum Nationalsozialismus und zur DDR-Diktatur wesentlich aus. Dafür ist ein Entwicklungsschub bei der Stiftung Sächsische Gedenkstätten notwendig. Auf Grundlage der Umsetzung der Evaluationsergebnisse und einer fachlich hinreichend diskutierten Entwicklungskonzeption erhöhen wir die Mittel für die Stiftung, unter anderem zur Verstärkung des gedenkstättenpädagogischen Personals, des fachlichen Austauschs und der Projektförderung und -beratung. Weiterhin wollen wir die Errichtung und institutionelle Förderung weiterer Gedenkstätten wie dem ehemaligen KZ-Sachsenburg und der Frauenhaftanstalt Hoheneck voranbringen und die Aufarbeitungsinitiativen und Archive künftig institutionell fördern. Weiteres zum Thema:BÜNDNISGRÜNE zur Fachregierungserklärung "Kultur und Tourismus eröffnen Perspektiven" 1. 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