Aktuelle Debatte Forschung in Sachsen: Wir dürfen die Herausforderungen in der Fläche der Hochschullandschaft nicht vernachlässigen

Redebeitrag der Abgeordneten Dr. Claudia Maicher (BÜNDNISGRÜNE) zur Dritten Aktuellen Debatte: „Spitzenforschung im Freistaat Sachsen – Exzellenzinitiativen als Leuchtturmprojekte der sächsischen Forschungslandschaft“

15. Sitzung des 8. Sächsischen Landtags, Dienstag, 24.06.2025, TOP 1

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

auch ich gratuliere den erfolgreichen Projektteams an der TU Dresden und der Universität Leipzig ganz herzlich. Wir BÜNDNISGRÜNEN danken allen Mitwirkenden, die die sächsischen Bewerbungen vorangebracht haben.

Das außergewöhnlich gute Abschneiden im Exzellenzwettbewerb steht für die herausragende wissenschaftliche Leistung unserer Universitäten. Sie holen ca. 200 Millionen Euro Bundesmittel nach Sachsen. Die Cluster stärken die internationale Strahlkraft des Forschungs- und Wirtschaftsstandortes. Sie arbeiten als Innovationsmotoren an Lösungen für die drängenden Themen unserer Zeit. Von nachhaltiger Elektronik über klimaneutrales Bauen bis zur Medizin der Zukunft, zu der an der Uni Leipzig geforscht wird, und das auf einzigartige Weise in einem klinischen Forschungszentrum.

Mir fehlt die Redezeit, um alle Projekte angemessen zu würdigen. Diese Debatte soll aber auch keine Festrede sein. Es ist eine politische Debatte und an Diskussionsstoff mangelt es hier nicht.

Da ist das Problem der Kofinanzierung. Noch im Juli 2024 haben Sie, Herr Staatsminister Gemkow, finanzielle Unterstützung für alle Cluster zugesichert. Das war richtig und gab den Bewerbungen Rückenwind. Im Regierungsentwurf für den Doppelhaushalt haben Sie dafür aber nicht vorgesorgt. Die Mittel reichen nur für 4 der 6 Cluster und der Fehlbetrag ist im parlamentarischen Haushaltskompromiss nicht abgebildet.

Wir BÜNDNIGRÜNE sind gespannt, wo das Geld herkommt. Die Exzellenzförderung ist eine wichtige zusätzliche Anstrengung. Ich erwarte, dass die Ressourcen in der Breite der Hochschul- und Wissenschaftslandschaft dafür aber nicht noch weiter verknappt werden.
Aber das ist ja eine Selbstverständlichkeit. Auch Sie haben sicher aus Fehlern der Vergangenheit gelernt, wo finanzielle Ressourcen auf Leuchttürme konzentriert wurden.

Der CDU Sachsen scheint bewusst zu sein, dass Spitzenleistungen erst durch eine langfristig verlässliche Forschungsfinanzierung in der Breite möglich werden. Staatsminister Gemkow hat in seinem Glückwunschvideo nicht umsonst die erfolgreichen Exzellenz-Bewerbungen als Beleg für die kluge CDU-Politik bezeichnet, in den vergangenen Jahrzehnten in Wissenschaft und Forschung zu investieren.

Diese Haltung wird aber unterlaufen von ihrem Haushaltsentwurf. Denn da erscheint Forschung als etwas, was man sich im Zweifel nicht mehr im bisherigen Umfang leisten muss. Landesforschungsförderung und europäische Partnerschaften werden nur noch minimal möglich sein. Bei landesfinanzierten Forschungseinrichtungen entstehen ohne angemessene Aufwüchse faktisch Kürzungen. Alles kein gutes Zeichen für den Forschungsstandort Sachsen. Und auch kein Beleg für kluge CDU-Politik.

Da macht die Haushaltsstrategie der CDU dann doch eigene fachpolitische Bekenntnisse zunichte. Und sie nutzt auch im parlamentarischen Verfahren Nachbesserungen nicht, die wir auf den Tisch gelegt haben.

Zur Haushaltsdebatte kommen wir erst morgen, aber ich finde, es gehört zur ehrlichen Auseinandersetzung, dass wir heute an die Spitzenwissenschaftlerinnnen und -wissenschaftler von morgen denken. Trotz der Leuchtturmerfolge dürfen wir nicht die Herausforderungen in der Fläche der Hochschullandschaft vernachlässigen.

Für eine planungssichere Grundfinanzierung haben wir in den letzten Jahren gemeinsam gesorgt. Wir BÜNDNISGRÜNE achten darüber hinaus auf gute Studienbedingungen, Chancengerechtigkeit und bessere Bedingungen für Lehre und Wissenschaft, auf ausreichende Ressourcen für Studierendenwerke und zusätzliche Aufgaben der Hochschulen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
es geht nicht zuletzt auch um gesellschaftliche Rahmenbedingungen. Wissenschaftliche Exzellenz entstehen nur dort, wo Forschende, Lehrende und Lernende ohne politischen Druck handeln können. Wenn aber Forschungsthemen etwa zu Geschlecht, Migration, Extremismus oder Klimaschutz öffentlich delegitimiert werden, wenn Forschende gar persönlich angefeindet werden, dann kann die beste Förderung nicht die Attraktivität des Standortes für Spitzenkräfte aus dem In- und Ausland retten. Das müssen wir in Sachsen in den Griff bekommen.