Rede zu den europapolitischen Schwerpunkten der Staatsregierung

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Diesen Redebeitrag finden Sie auch hier im Video.

Redebeitrag der Abgeordneten Claudia Maicher zum Antrag der Fraktion CDU und SPD:
„Europapolitische Schwerpunkte der Staatsregierung“ (Drs. 6/2999)
25. Sitzung des Sächsischen Landtags, 16. Dezember 2015, TOP 9

– Es gilt das gesprochene Wort –

 

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

meine Fraktion begrüßt es sehr, dass wir heute über die Europapolitik des Freistaates und die Europäische Union reden.

Wir sind im zweiten Jahr dieser Legislatur. Aus unserer Sicht  ist es längst Zeit, dass die Staatsregierung ihre europapolitischen Schwerpunkte endlich mal erklärt. Seit Monaten fordert der Europa zugewandte Teil der Opposition genau das im Europaausschuss.

Die Staatsregierung hat mit Verweis auf diesen vorliegenden Antrag, im Ausschuss nicht zu den Schwerpunkten berichtet. Ich weiß nicht, ob dieses Verfahrenen an dieser Stelle zielführend gewesen ist. Zumal der Kabinettsbeschluss zu den Schwerpunkten bereits seit Monaten vorliegt.

Die Debatte über die Europapolitik des Freistaats und die Europäische Integration hat Sachsen bitter nötig. Denn zu häufig gerät Europa im Freistaat ins politische Kreuzfeuer populistischer Europa-Feinde und derer, die diesen auf den Leim gehen. Auf der einen Seite die AfD – auf Abschottung, Entsolidarisierung und die Rückkehr zum Nationalstaat versessen. Auf der anderen Seite Teile der CDU, denen Europa als Sündenbock gerade gut genug ist.

Die Staatsregierung sollte dagegen den Anspruch haben, das Zusammenwirken von Sachsen und der EU als positive Entwicklung zu gestalten.

Gestatten Sie mir eine Generalbemerkung zum Antrag. Wir GRÜNE begrüßen die Initiative des Antrags grundsätzlich. Der Antrag fasst den Teil des landespolitischen Handelns in Bezug auf Europa und die Europäische Union zusammen, der selbstverständlich sein sollte. Nicht mehr und nicht weniger.

Die Themen europäische Förderpolitik, grenzüberschreitende Zusammenarbeit und europäische Öffentlichkeitsentwicklung verdienen aber jedes für sich viel mehr Aufmerksamkeit als dieser Antrag in der Öffentlichkeit wohl je bekommen wird. Immerhin: Der heutige Antrag hindert uns in Zukunft nicht an einer tiefer gehenden Auseinandersetzung mit der sächsischen Europapolitik.

Lassen Sie mich eingehen auf den inneren Widerspruch in der Koalition zwischen europäischem Reden einerseits und antieuropäischem Handeln andererseits.

Während Sie im Antrag richtigerweise fordern, dass der grenzüberschreitende Austausch täglich erfahrbar sein soll, haben Teile der sächsischen Union, einschließlich ihres Europaabgeordneten sowie des Generalsekretärs zuletzt wieder lauthals für dauerhafte Grenzkontrollen gekämpft.

Wie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU, passt das zusammen? Das ist eine Doppelzüngigkeit, mit der Sie Europa schaden. Mit der Sie europäische Werte und Errungenschaften wie die uneingeschränkte Freizügigkeit – und zwar nicht nur von Waren und Dienstleistungen sondern von Menschen innerhalb Europas – dauerhaft aufgegeben. Sie setzen damit das Wahlprogramm der AfD um. Das kann nicht das Ziel verantwortungsvoller Europapolitik sein.

Und während Sie, wie im Antrag formuliert, eine verstärkte kulturelle Zusammenarbeit fördern wollen, sieht die Bildungsministerin zu, wie Sachsens Schülerinnen und Schüler europäische Fremdsprachen zugelost bekommen und sogar leer ausgehen.

Es fällt auf, dass der Antrag in diesem Zusammenhang wichtigen Fragen der europäischen Zukunft aus dem Weg geht. Im Mittelpunkt Ihres Antrags, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD und CDU steht unverkennbar die Frage, was uns Europa geben kann. Das ist selbstverständlich nicht nur eine berechtigte Frage. Das ist auch ein sinnvolles Interesse sächsischer Landespolitik.

Doch vermittelt diese Einseitigkeit auch einen Eindruck von Ihrer Auffassung gegenüber Europa und der Europäischen Union. Das Verhältnis Sachsens zur EU darf nicht nur in eine Richtung wirken.

Uns sollte nicht nur interessieren, wie die Europäische Kuh gemolken werden kann. Wir müssen uns fragen, was wir zum europäischen Projekt beitragen können. Wie wir die Zukunft Europas mitgestalten können. Insofern interessiert mich auch, inwiefern sich die Staatsregierung für eine demokratische und transparente Europäische Union der Bürgerinnen und Bürger stark machen wird.

Sie sollte sich dafür einsetzen, das Europäische Parlament zu stärken. Europawahlen müssen in Sachsen wieder höheren Anklang finden. Ein konstruktiver Diskurs über die Zukunft der Europäischen Union muss breit geführt werden.

Die Staatsregierung kann zu einem transparenteren Europa beitragen, indem sie klarer erkennbar macht, wo EU-Fördermittel Projekte erst ermöglichen. Schließlich profitieren die Bürgerinnen und Bürger in Sachsen davon.

Die Staatsregierung kann in Zusammenarbeit mit unseren Nachbarn grenzüberschreitend den Strukturwandel in den Kohleregionen voranbringen, statt bei klimaschädlichen Kohlegeschäften zuzusehen, die letztendlich der Europäische Steuerzahler auf allen Seiten der Grenze ausbaden muss.

Sie sehen: es gibt noch vieles zu tun, um die sächsische Europapolitik auch europäisch auszurichten. Der Antrag lässt zentrale Punkte unberührt. Den enthaltenen Punkten werden wir uns aber nicht entgegenstellen und stimmen daher dem Antrag zu.

Herzlichen Dank.