Rede zum Breitbandausbau in Sachsen bis 2025

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Rede der Abgeordneten Claudia Maicher zum Antrag der Fraktionen CDU und SPD im Rahmen der Aktuellen Debatte:
„Breitbandausbau für alle bis 2025 – schnelle und unbürokratische Förderung“
77. Sitzung des Sächsischen Landtags, 5. September 2018, TOP 2

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Die Koalitionsfraktionen verspüren bei dem Thema Breitband also plötzlich eine aktuelle Dringlichkeit. Dabei ist der dringende Ausbaubedarf alles andere als neu. Nun kann es aber nicht schaden, zu hören wie die Staatsregierung ihre Hausaufgaben gemacht hat. Ich bin sehr gespannt.

Uns Grüne müssen sie jedenfalls nicht von der Notwendigkeit von 100% Glasfaser überzeugen. Diese Breitbandstrategie hat meine Fraktion bereits 2012 gefordert.

Aber diskutieren wir den Stand der Dinge. Die Überarbeitung der DiOS-Richtlinie, vor allem die Übernahme des Eigenanteils der Kommunen und die finanzielle Unterstützung der Landkreise bei der Koordinierung des Breitbandausbaus, ist ohne Zweifel sinnvoll.

Und natürlich profitiert der Freistaat von der novellierten Richtlinie des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur. Aber hätten Sie von Herrn Dobrindt schon vor 2017 eine verantwortungsvolle Arbeit als Infrastrukturminister eingefordert, wären wir heute wesentlich weiter.
Jetzt ist eine intensive Beratung der Kommunen zentral. Da reicht ein Breitbandgipfel nicht!

Legen Sie Herr Staatsminister Dulig offen, inwieweit das Breitbandkompetenzzentrum den Beratungsbedarf der Kommunen derzeit und künftig decken kann. Beispielsweise wenn diese ihre Netze selbst betreiben wollen. Das erfordert hohe planerische Eigenleistungen, ist aber viel nachhaltiger, als der Netzbetrieb durch ein Telekommunikationsunternehmen.

Und falls notwendig, verstärken Sie von der Koaltion die Ressourcen des Kompetenzzentrums.

Problematisch ist aber die bisherige Kommunikationspolitik der Staatsregierung. Ich will die Zwischenerfolge nicht kleinreden, aber Herr Ministerpräsident und Herr Wirtschaftsminister Dulig seien sie doch endlich mal ehrlich und hören Sie auf mit Ihrer Schaufensterrhetorik. Das ist schändlich. Das sind falsche Versprechungen nach so vielen Jahren Versäumnis.

In Ihrer Verkündungseuphorie reden sie überall im Land großspurig von einer „flächendeckenden“ Anbindung mit Glasfaser. Sie wissen, dass das eine glatte Lüge ist.
Sie unterschlagen in Nordsachsen, im Vogtland und in Bautzen, dass eine große Anzahl von Haushalten derzeit nicht förderfähig ist und sich mit alten Kupferkabeln und der Brückentechnologie Vectoring begnügen muss.

Beispiel Nordsachsen: Im Juli fiel der Startschuss für das Ausbauprojekt der Telekom mit Glasfaser bis ins Haus.„Flächendeckende Erschließung mit Glasfaser“ nennen Sie es auch da. Gemeint ist aber nicht der gesamte Landkreis, sondern das Projektgebiet. Das betrifft immerhin über 40.000 Haushalte.

Was Sie aber nicht sagen: Mindestens noch einmal so viele Haushalte sind entsprechend der Vorgaben von Bund und EU nicht förderfähig, da sie bereits mit mehr als 30 MBit/s versorgt sind.

Nur 8.000 von diesen als versorgt geltenden Haushalten haben wirklich schon Glasfaser im Haus anliegen.

Ca. ein Drittel der Haushalte des Landkreises haben dagegen zwar mehr als 30 MBit/s, aber weniger als 100 MBit/s.
Hier entstehen in absehbarer Zeit wieder weiße Flecken.

Auch in anderen Landkreisen, die jetzt ihre Ausbauprojekte starten, betrifft das jeweils um die 30% der Haushalte.

Vor allem für diejenigen Haushalte in Sachsen, die technisch gerademal 30 oder 50 MBit/s erreichen, wird das sehr bald nicht mehr für eine normale Internetnutzung ausreichen. Machen Sie sich da nichts vor!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, werter Ministerpräsident,
nehmen Sie die technischen Realitäten in den Blick: Ihr Ziel, eine flächendeckende Breitbandversorgung mit 100 MBit/s im Download bis 2025, ist schon jetzt nicht mehr zeitgemäß.

Stellen Sie doch mal klar, was „Breitband für alle bis 2025“ eigentlich heißen soll.

Für uns GRÜNE steht fest: Wir brauchen eine Gigabit-Strategie bis 2025!

Die Staatsregierung muss sich beim Bund und in Brüssel dafür einsetzen, dass die Aufgreifschwelle von jetzt 30MBit/s wesentlich erhöht wird und dabei eine ausreichende Uploadgeschwindigkeit mit definiert wird.

Und seien Sie endlich ehrlich. Benennen sie Fehlstellen. Verschleiern sie nicht die weiteren Herausforderungen gegenüber der Bevölkerung, den Unternehmen und den Kommunen.

Gaukeln Sie keine falsche Sicherheit vor, dass Sachsen mit den aktuellen Ausbauprojekten auf Jahre hinaus vorgesorgt sei.

Bereiten sie die Kommunen stattdessen jetzt schon auf einen weiteren Ausbau vor, damit sie kommende Förderangebote dann schnellstmöglich aufgreifen können.

Beim Thema Internetversorgung sollten wir nicht ausschließlich über Breitband reden. Zur Infrastruktur gehört in vielen Ländern, dass Internet im öffentlichen Raum für alle unabhängig von individuellen Mobilfunkverträgen verfügbar ist.

WLAN ist ja schon in der DIOS Richtlinie aufgegriffen und Modellprojekte werden realisiert. Aber es ist unbedingt auch notwendig, das bürgerschaftliche Engagement besser zu unterstützen und Freifunkinitiativen bei ihrem „Ausbau von unten“ gezielt zu fördern, wie wir das in einem Antrag im Jahr 2016 auch vorgeschlagen haben.