Wichtiger Zwischenschritt der Reform für einen zukunftsfähigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk

Redebeitrag der Abgeordneten Dr. Claudia Maicher (BÜNDNISGRÜNE) zum Gesetzentwurf der Staatsregierung „Gesetz zum Vierten Medienänderungsstaatsvertrag“, Drs 7/13511

76. Sitzung des 7. Sächsischen Landtages, Mittwoch, 20.9.2023, TOP 2

– Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen,

der Skandal im RBB hat dem gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunk geschadet. Der Eindruck ist entstanden, dass das Geld der Beitragszahlerinnen und -zahler unsachgemäß ausgegeben wird und dass einzelne Verantwortliche über Jahre unkontrolliert solche Machenschaften durchziehen können.

Der Skandal wurde leider nicht nur sachlich aufgearbeitet, sondern von Einigen auch genutzt, um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als Ganzes an den Pranger zu stellen. Da wurden solche Vorgänge geradezu zur Normalität im öffentlich-rechtlichen System aufgebauscht. Dass das nicht stimmt, zeigt ja schon, dass Standards, die in einzelnen Landesrundfunkanstalten wie dem MDR längst Bestand hatten, jetzt als Vorbild für verbindliche Regelungen für alle Anstalten aufgegriffen wurden.

Es wurden aber ganz zu Recht Konsequenzen nach dem RBB-Skandal gefordert. Die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten haben mit dem Staatsvertragsentwurf im März schon sehr schnell und einhellig reagiert. Wir BÜNDNISGRÜNE sehen hier einen wichtigen Zwischenschritt der Reform für einen zukunftsfähigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen,

die neuen Regeln sollen die Akzeptanz und das Vertrauen in die Anstalten stärken. Und daran sollten alle Demokratinnen und Demokraten ein Interesse haben. Denn ein starker öffentlich-rechtlicher Rundfunk ist unverzichtbar für die demokratische Meinungsbildung in einer pluralistischen Gesellschaft.

Eine aktuelle Studie der Universitäten Mainz und Düsseldorf bestätigt übrigens dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk weiterhin eine hohe Vertrauenswürdigkeit. 62 Prozent der bundesweit Befragten halten den öffentlich-rechtlichen Rundfunk für sehr oder eher vertrauenswürdig.

Festgestellt wurde auch, dass viele Menschen Reformbedarf sehen mit Blick auf die Strukturen. Aber es ist eben immer wieder wichtig, die verschiedenen Dinge zu trennen. Berechtigte Kritik und Forderungen müssen wir auf dem Boden des Grundgesetzes und der Tatsachen diskutieren. Dieser wird hier [von der AFD] leider immer wieder verlassen.

Das grundsätzliche Vertrauen in die Leistungsfähigkeit und die breite Versorgung mit Orientierungsangeboten ist also hoch, wobei die öffentlich-rechtlichen Rundfunksender von allen Medienangeboten noch am besten abschneiden. Von einer Vertrauenskrise, wie von manchen heraufbeschworen, kann also keine Rede sein. Damit das so bleibt, müssen wir als Gesetzgeber bei den Rahmenbedingungen nachsteuern, und das tut dieser Staatsvertrag.

Ich möchte noch kurz auf die einzelnen Regelungen eingehen, die sich im Wesentlichen auf die Stärkung von Transparenz, Regeltreue und Gremienkontrolle beziehen.

Transparenz sollte als allgemeiner Anspruch auch bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten stärker Einzug halten. Der Ausgangspunkt ist dabei nicht ein grundsätzliches Misstrauen.

Alle Rundfunkanstalten und auch deren Beteiligungsunternehmen müssen für jede Bürgerin und jeden Bürger nachvollziehbar machen, wie hoch die Bezüge der Führungspersonen sind, welche Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgelder gezahlt werden, wo aus welchen Gründen außertarifliche Vereinbarungen getroffen wurden usw.. Das hat ganz einfach den Vorteil, dass die Angemessenheit – auch im Vergleich zu anderen Anstalten, Einrichtungen oder Unternehmen – in der Öffentlichkeit und in den Gremien fundiert diskutiert werden kann.

Für die hohen Standards der Regeltreue bzw. Compliance standen wie schon erwähnt die Instrumente im MDR Pate. Dessen Compliance Management System regelt ja ganz konkret, wie Mitarbeitende geschult werden müssen, welche Kontrollmechanismen eingehalten werden müssen und welche Konsequenzen auf Abweichungen zu folgen haben. Auch die Unabhängigkeit der Compliancebeauftragten wird für alle Sender zur Pflicht. Ebenso eine extern beauftragte Ombudsperson als Anlaufstelle für vertrauliche und anonyme Hinweise zu Unregelmäßigkeiten und Interessenkollisionen.

Diese Vorgaben schaffen eine durchgreifende interne Kontrolle.

Welche konkreten Verbesserungen sie umsetzen, sollten die Anstalten wiederum auch in der Öffentlichkeit transparent machen.

Damit Vertreterinnen und Vertreter gesellschaftlicher Gruppen wirksam programmliche, strategische und wirtschaftliche Entscheidungen der Anstalten kontrollieren können, ist eine höhere Leistungsfähigkeit der Gremien, der Verwaltungs- und Rundfunkräte ein Muss. Da gibt es auch unabhängig vom RBB-Skandal Verbesserungsbedarf.

Ich halte es für ganz besonders wichtig, dass die Aufsichtsgremien, deren Kontrollfunktionen der 3. Medienänderungsstaatsvertrag seit Juli diesen Jahres deutlich erweitert hat, nun auch in ihren Kompetenzen und Ressourcen gestärkt werden.

Vorausgesetzt werden künftig fachliche Kenntnisse im Bereich Wirtschaftsprüfung, Betriebswirtschaft, Recht, Medienwirtschaft oder Medienwissenschaft. Die Anstalten müssen entsprechende Fortbildungen und auch unterstützendes Personal finanzieren. Die genauere Ausgestaltung liegt dann bei den Rundfunkanstalten und wird weiter zu beobachten sein.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen,

der heute vorliegende Staatsvertrag ist ein weiterer wichtiger Schritt hin zu einem zukunftsfähigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Dienst des Gemeinwohls. Wir BÜNDNISGRÜNE werden deshalb zustimmen.