Kultureinrichtungen tragen verantwortungsvoll zum Schutz von Kulturgütern bei

Redebeitrag der Abgeordneten Dr. Claudia Maicher (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der AfD-Fraktion „Historische Kunstwerke vor der politischen Vereinnahmung und Gefährdung durch sogenannte Aktivisten schützen“ (Drs 7/11486)

66. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 2.2.2023, TOP 6

– Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,

der letzte Satz der Stellungnahme der Staatsregierung zu diesem Antrag der AfD-Fraktion sagt eigentlich alles. Die Staatsregierung legt zutreffend dar, dass der Antrag überflüssig ist.

Im Antrag ist die Rede von umfassender Evaluierung und Konzepten, als würden die Einrichtungen vor Schreck erstarrt nur auf Weisungen von oben warten. Das Gegenteil ist der Fall.

Die Verantwortlichen setzen sich sehr intensiv mit den neuen Gefährdungen für Kunstwerke auseinander und handeln. Das ist ein Top-Thema in Museen und Sammlungen des Freistaates und natürlich in übergreifenden Organisationen und Verbänden.

Es werden Leitfäden erstellt und immer wieder auf den Prüfstand gestellt. Es werden Fortbildungen durchgeführt. Und im Fall der Fälle sind Schadenersatzforderungen notwendig. Das machen die Häuser aufgrund ihrer Rechtsgrundlagen auch ohne weitere Aufforderung.

Aktuell ist die Verbesserung der Sicherheit ja im Allgemeinen von großer Bedeutung. Der Einbruch ins Grüne Gewölbe war schließlich eine historische Zäsur, nach der gehandelt werden musste. Wir verzeichnen in der Folge eine ganze Reihe von technischen, baulichen und organisatorischen Maßnahmen.

All das ist hinlänglich bekannt. Bis aufs letzte Detail wie den Baumwollanteil von Wattestäbchen zum Lösen von Sekundenkleber – man kann auch Dachshaarpinsel nehmen, habe ich gelesen.

Auch die präventiven Maßnahmen beim Zutritt zu Kunstwerken sind bekannt. Man sollte bei alledem nur Bedenken: Die Maßnahmen zum Schutz vor Gefährdungen müssen so gewählt werden, dass die Zugänglichkeit zu Kunstschätzen und kulturellem Erbe auch nicht zu stark eingeschränkt wird.

Mit der Verhältnismäßigkeit scheint es die AfD nicht so zu haben. Oder was wollen Sie noch zusätzlich an Sicherheitsmaßnahmen haben? Wollen Sie einen Gedanken-Check beim Einlass? Oder wollen Sie jeden jungen Menschen unter Generalverdacht stellen? Da kann ich nur sagen, Achtung: Wir bauen auch nicht alle Ampeln zu Schranken um, nur weil einige Menschen bei Rot drüberfahren!

Es gibt insoweit keine absolute Sicherheit. Das sollten Sie mal zur Kenntnis nehmen, damit ihr überbordendes Sicherheitsbedürfnis nicht immer wieder in einen haltlosen Plenarantrag mündet.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen,

der Schutz von Kulturgütern ist eine Herausforderung für die Einrichtungen. Zerstörung und Sachbeschädigung halten wir BÜNDNISGRÜNEN für kein geeignetes Mittel einer demokratischen Auseinandersetzung. Die Entwicklung muss weiter beobachtet und öffentlich diskutiert werden. Aber da sehe ich nun gegenwärtig wirklich kein Defizit.

Der AfD geht es mit dem Antrag aber noch um etwas anderes, das steht in Punkt II. Nummer 4: Die Staatsregierung soll politischer Vereinnahmung von, ich zitiere: „selbsternannten Aktivisten“ öffentlich eine Absage erteilen.

Darauf ist die Staatsregierung in ihrer Stellungnahme gar nicht eingegangen – ich kann es ihr auch nicht verdenken, so absurd wie diese Anmaßung ist. Das läuft schließlich auf eine Vorschrift für die öffentliche Kommunikation der Staatsregierung hinaus.

Die Staatsregierung hat weder zu entscheiden noch öffentlich zu erklären, ab wann sich jemand „Aktivistin“ oder „Aktivist“ nennen darf. Sie ist auch nicht dafür zuständig zu urteilen, mit welchen Weltanschauungen unser kulturelles Erbe, in Verbindung gebracht werden darf und mit welchen nicht. Ob es sich um ein Ausstellungsobjekt handelt oder einen anderen kulturellen Gegenstand.

Die AfD beweist hier ohnehin wieder einmal ihr selektives Denken. An anderer Stelle haben Sie offenbar nichts gegen politische Vereinnahmung. Karl May und Winnetou spannen Sie sich selbst bei jeder Gelegenheit vor den Karren. Der wichtigste Ruf der Friedlichen Revolution von 1989 „Wir sind das Volk!“ muss für ihre Wahlplakate herhalten. Da gäbe es noch viele weitere Beispiele.
Wenn dann aber jemand kommt und sagt: Das ist Vereinnahmung, dann geht bei Ihnen das Gejammer los, von wegen Cancel-Culture.

Ihre Vereinnahmungsstrategie schmerzt, kann ich Ihnen sagen. Aber wir können in einer Demokratie eben Vieles aushalten. Auch Anträge wie diesen. Eine Zustimmung bekommen sie dafür aber mit Sicherheit nicht.