Novelle des Urheberrechtsgesetzes – kein großer Wurf

Auf der Novelle des Urheberrechtsgesetzes, die am 30. Juni 2017 vom Bundestag beschlossen wurde, ruhte die Hoffnung vieler Hochschulen und ihrer Studierenden. Ein modernes und bildungsfreundliches Urheberrecht muss der ständig wachsenden Bedeutung digitaler Lehrangebote und der großen Menge an benötigter Literatur Rechnung tragen, sowie den Hochschulen Planungssicherheit geben. Für die möglichst freie Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken zu wissenschaftlichen Zwecken und in der Lehre braucht es eine echte „Wissenschaftsschranke“. Im Vergleich zu diesem Anspruch bleibt die nun verabschiedete Novelle aus GRÜNER Sicht, weit hinter den Erwartungen zurück.

Die „Wissenschaftsschranke“ ist zwar vorhanden, wurde allerdings im Vergleich zum ursprünglichen Entwurf von 25 Prozent auf 15 Prozent herunter korrigiert. Mit anderen Worten sollen es jetzt nur noch 15 Prozent eines Werkes sein, die frei für die Wissenschaft und in der Lehre vervielfältigt und verbreitet werden dürfen. Und selbst diese eingeschränkte Regelung hat noch einen weiteren bedeutsamen Haken: Im Jahr 2023 soll sie auslaufen. Wer sich also nach vier Jahren Großer Koalition darüber gefreut hatte, dass das Urheberrecht endlich überarbeitet wird, wird spätestens hier deutlich enttäuscht. Das Verfallsdatum bedeutet erneut fehlende Planungssicherheit für die Hochschulen. Vor diesem Hintergrund ist es auch aus sächsischer GRÜNER Sicht nachvollziehbar, dass sich die GRÜNE Bundestagsfraktion bei der Abstimmung zur Novelle der Stimme enthalten hat.

Es brennt aber auch ganz aktuell. So ist weiter unklar, wie in Zukunft die Beziehung zwischen den Hochschulen und der Verwertungsgesellschaft Wort geregelt wird. Erstere bezahlten bis Ende letzten Jahres an Letztere einen Pauschalbeitrag, um urheberrechtlich geschützte Werke zu nutzen und digital zu verbreiten. Durch ein Gerichtsurteil wurde diese Regelung aber gekippt und fortan eine Zahlung pro Seite und Nutzer oder Nutzerin gefordert. Das hätte wiederum einen nicht zu stemmenden Aufwand für die Hochschulen bedeutet. Mit einer Last-Minute-Interimslösung wurde die Versorgung mit digitalen Lehrmaterialien bis Oktober 2017 sichergestellt. So lange haben nun auch die Kultusministerkonferenz und die VG Wort für eine neue Einigung Zeit.

Hier hätte das neue Urheberrechtsgesetz helfen können, denn es sieht eine Pauschalvergütung vor und liefert damit eine Rechtsgrundlage. Das Problem: Das Gesetz tritt erst im März 2018 in Kraft, sodass trotz Novelle, weiterhin die Möglichkeit besteht, dass die Hochschulen ab Oktober 2017 keine geschützten Werke mehr digital zur Verfügung stellen können. Wäre die Novelle früher in Kraft getreten, hätte das vermieden werden können.

Die GRÜNE-Landtagsfraktion in Sachsen hatte bereits Anfang des Jahres den Antrag Folgen des Rahmenvertrages mit der Verwertungsgesellschaft Wort transparent machen – Zugang zu urheberrechtlich geschütztem Wissen an Hochschulen sichern in den Landtag eingebracht, der von der sächsischen Staatsregierung forderte, sich auf die Möglichkeit eines Scheiterns der Verhandlungen mit der VG Wort vorzubereiten und gemeinsam mit den sächsischen Hochschulen einen Alternativplan zu erarbeiten. So sollte überlegt werden, wie auch im Falle des Scheiterns urheberrechtlich geschützte Werke weiter in der Lehre und der Wissenschaft genutzt werden können. Das wurde von der Koalition aus CDU und SPD in Sachsen abgelehnt.

Die GRÜNE-Fraktion in Sachsen hofft nun auf die nächste Legislaturperiode und endlich den „großen Wurf“ beim Urheberrechtsgesetz. Denn der ist längst überfällig und wird es vorerst auch bleiben.