Kunstraub im Grünen Gewölbe – Aufklärung & Prävention statt Vorverurteilung

Redebeitrag der Abgeordneten Dr. Claudia Maicher (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion DIE LINKE „Zwischenbilanz der Feststellungen und Konsequenzen zum Kunstraub aus dem Grünen Gewölbe in Dresden am 25. November 2019“ Drs. 7/11454

63. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Freitag, 16.12.2022,TOP 9

– Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen,

der Schock sitzt immer noch tief, den der brutale Kunstraub im Historischen Grünen Gewölbe vor drei Jahren ausgelöst hat. Die Hoffnung ist noch nicht verloren, dass sich entwendete Kunstobjekte wiederbeschaffen lassen. Für die Vollständigkeit des Edelstein-Ensembles ist allerdings Schlimmes zu befürchten. Es droht eine bleibende Lücke in unserem kulturellen Erbe. Umso wichtiger ist es, dafür zu sorgen, dass so etwas nicht wieder passieren kann.

Die LINKE Fraktion setzt sich intensiv für die Aufarbeitung des Kunstraubes ein. Im vorliegenden Antrag fordert sie einen umfassenden Bericht über Erkenntnisse und Konsequenzen. Dies ist selbstredend von hohem öffentlichen Interesse.
Auch wir BÜNDNISGRÜNEN erwarten, dass die Staatsregierung und die Staatlichen Kunstsammlungen regelmäßig über den aktuellen Stand informieren – soweit dies möglich ist.

Die umfassende Presseberichterstattung und die Anfragen im Parlament haben erheblich zur öffentlichen Information beigetragen. Ich kann nachvollziehen, wenn der Eindruck entsteht, dass viele Hintergründe erst auf Nachfrage bekannt werden. Meine Bitte an die Staatsregierung ist deshalb, Parlament und Öffentlichkeit noch stärker proaktiv zu informieren, um diesem Eindruck entgegenzuwirken.

Wir müssen jedoch auch berücksichtigen, dass, solange die Ermittlungen und der Prozess laufen, nicht sämtliche Erkenntnisse veröffentlicht werden können. Auch die Bekanntheit von Details zu den Sicherheitsvorkehrungen wäre kontraproduktiv. Eine Abwägung zwischen Transparenz und Schutz ist notwendig. Eine gewisse Zurückhaltung ist deshalb nicht skandalträchtig.

Der Antrag moniert auch, dass bisher keine persönliche Verantwortung an der Spitze der SKD übernommen wurde. Dabei hat Generaldirektorin Prof. Marion Ackermann durchaus gehandelt. Die LINKE überzieht hier deutlich, zeichnet ein Zerrbild von Verantwortungslosigkeit und Überforderung, das nicht begründet ist und was wir folglich auch nicht teilen.

Die Lage ist nun mal komplex. Wenn die Verantwortung auf verschiedene Bereiche verteilt ist, ist das noch keine Verantwortungsflucht. Ja, es sind Fehler passiert, die es den Kunsträubern offenbar leichter gemacht haben. Aber: Es ist falsch, eine Fahrlässigkeit zu suggerieren. In welchen vergleichbaren Einrichtungen ist es denn besser gewesen? International betrachtet sind Museen immer wieder mit Kunstraub konfrontiert. Die Dreistigkeit und Brutalität der Taten nehmen offensichtlich zu.

Persönliches Versagen oder dienstrechtlich zu beanstandende Handlungen sind im Prozess bisher nicht zutage getreten. Es fehlt schlichtweg die Grundlage für irgendwelche Rücktritte.

Die mutmaßlichen Täter sitzen auf der Anklagebank.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN,
Sie vermitteln den Eindruck, sie wollten die Staatsbetriebe und Ministerien gleich daneben setzen. Offenbar haben sie sich an dem Gedanken festgebissen, dass jetzt endlich jemand gehen muss. Wer genau, ist nicht so wichtig. Aber wozu dieser symbolische Akt? Zur allgemeinen Genugtuung? Ich halte das nicht für seriös.

Am wichtigsten ist doch, dass aus Fehlern gelernt und die Sicherheit konsequent ausgebaut wird. Und da kann man doch nicht ignorieren, was inzwischen passiert ist:

Mit einer Kommission aus internationalen Museums- und Sicherheitsexperten wurden Maßnahmen abgestimmt. Die SKD haben Sicherheitstechnik erneuert, es gab bauliche Veränderungen an der Westfassade des Schlosses. Auch die Sicherheitsorganisation wurde verbessert. Es gibt eine eigene Abteilung, ein Sicherheitsreferat ist direkt bei den SKD angesiedelt. Die SKD legen Sicherheitsstandards fest, steuern und kontrollieren, was der Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement umsetzt, und werden beraten vom LKA. Regelmäßig erfolgen Sicherheitsüberprüfungen. Mit dem Doppelhaushalt 2023/24 hat die Staatsregierung mehr Personalmittel eingeplant.

Ich möchte dabei nicht unerwähnt lassen, dass es eine absolute Sicherheit nicht gibt. Denn die Hürden für den Zugang zu Kunstobjekten dürfen nicht so hoch sein, dass sie keiner mehr zu Gesicht bekommt. Auch das erfordert eine Abwägung.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen,

uns BÜNDNISGRÜNEN kommt es auf eine Verantwortungsübernahme an, die sich nicht durch Rückzug auszeichnet, sondern durch zielführende und angemessene Maßnahmen. Dazu zählt auch die Wiederbeschaffung.

Der gescheiterte Ankaufversuch in Antwerpen wird jetzt als neuer Höhepunkt hochgejazzt, der das Fass zum Überlaufen bringen soll. Nun ist es höchst bedauerlich, dass das Schmuckstück wohl nie greifbar war. Der Vorgang zeigt doch aber, dass alles getan wird, um die Kunstschätze wiederzugewinnen. Von einem Alleingang der Museumschefin kann keine Rede sein. Die Ermittlungsbehörden haben dem Deal zugestimmt, waren in die Aktion eingebunden. Das war zunächst schlüssig, weil derselbe Kunstdetektiv, der das Angebot vermittelt hatte, bereits in mehreren Fällen zu einer Rückführung von Kunstwerken beigetragen hatte. (Es wurden übrigens nie öffentliche Mittel aufs Spiel gesetzt, die Summe stammte von privaten Geldgebern.)

Der Ankauf war riskant, aber ihn zu unterlassen, war keine Option. Verantwortungsübernahme heißt eben, jede Spur zu verfolgen. Wie wollen Sie denn sonst Beutestücke wiederbekommen? Weltweit Auktionskataloge durchblättern hilft eher nicht.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, als Landtag dürfen wir die Staatlichen Kunstsammlungen nicht unbegründet an den Pranger stellen. Meine Fraktion wird den Antrag ablehnen.