Die zurückgewonnen SED-Millionen sind zur Aufklärung über staatliches Unrecht und persönliche Schicksale richtig eingesetzt

Rede der Abgeordneten Claudia Maicher zum Antrag der Fraktion GRÜNE:
„Auszahlung aus dem Vermögen der Parteien und Massenorganisationen der DDR (PMO-Vermögen) zur Aufarbeitung von DDR-Unrecht sowie für Aufklärung und Wiedergutmachung einsetzen“ (Drs 6/13100)
70. Sitzung des Sächsischen Landtags, Mittwoch, 25. April, TOP 7

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

in Sachsen gibt es viele authentische Orte, an denen das Unrecht in der DDR und die Methoden des SED-Regimes besonders deutlich werden. Einige dieser Orte warten immer noch darauf, als Orte der Erinnerung wirksam zu werden.
Für viele Opfer ist eine angemessene Aufarbeitung und Wiedergutmachung unmittelbar an diese Orte geknüpft. Die umfassende Aufklärung über staatliches Unrecht und persönliche Schicksale ist eine Aufgabe, die fast 30 Jahre nach der friedlichen Revolution nichts an Bedeutung verloren hat. Im Gegenteil: Gerade weil die jungen Menschen von heute und erst recht von morgen mit der DDR-Geschichte immer weniger persönliche Erfahrung verbinden, müssen wir diese für sie erfahrbar machen – in Form zeitgemäßer historischer und politischer Lernangebote am authentischen Ort.

Die zurückgewonnen SED-Millionen sind für uns BÜNDNISGRÜNE zur Aufarbeitung von DDR-Unrecht richtig eingesetzt, auch weil damit über den Entstehungszusammenhang eben dieses Geldes aufgeklärt wird. Das Vermögen wurde zum Teil durch Zwangsarbeit erarbeitet. Auf menschenunwürdige Art und Weise wie zum Beispiel von den politisch Verfolgten und in der Haftanstalt Hoheneck inhaftierten Frauen.
Für mich liegt es auf der Hand, das das zu Unrecht angeeignete Vermögen wieder an den Ort zurückfließen soll, wo es erarbeitet wurde.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir haben die Chance, mittelfristig einen großen Schritt beim Ausbau der Gedenkstättenlandschaft im Freistaat Sachsen vorwärts zu kommen.
Ab 2019 stehen an mindestens drei Orten größere Investitionen bevor, bei denen der Freistaat jeweils zentraler Mittelgeber sein muss.

So sind die Planungen zum Ausbau einer Gedenkstätte im Kaßberg-Gefängnis Chemnitz bereits in vollem Gange, wie Staatsministerin Dr. Stange auf meine kleine Anfrage zu geplanten Anträgen unter Mitwirkung der Stiftung Sächsische Gedenkstätten mitteilte.
Auch in Stollberg wird die Umsetzung einer Gedenkstätte in der ehemaligen Frauenhaftanstalt Hoheneck vorbereitet. Nach aktuellen Stand soll das in den Jahren 2019 und 2020 geschehen.
Für den Aufbau eines Erinnerungsortes in der ehemaligen zentralen Hinrichtungsstätte der DDR in Leipzig steht nach Angabe des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst bereits ein Gesamtbetrag fest, ca. 3,5 Millionen Euro. Träger ist das Bürgerkomitee Leipzig.
Derzeit ist noch wenig bekannt, wann der Erinnerungsort fertig sein soll. Auch die wissenschaftliche Aufarbeitung und die Konzeption stehen noch aus. Wir erwarten hier von der Gedenkstättenstiftung, einen klaren Fahrplan für die Umsetzung. Denn die Stiftung ist seit Novellierung des Stiftungsgesetzes im Jahr 2012 zur institutionellen Förderung dieses Erinnerungsortes verpflichtet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir können als Landtag mit einer Schwerpunktsetzung bei der Verteilung der PMO-Mittel den Gedenkstätten und Initiativen jetzt Rückenwind geben. Sie können damit mit allen Kräften Erinnerung und Aufarbeitung des Unrechts in der DDR voranbringen − am Geld darf und muss es nicht scheitern.

Investitionen sollten aber auch in bestehenden Gedenkstätten oder für erinnerungskulturelle Initiativen verfügbar sein – z.B. muss die Gedenkstätte Museum in der Runden Ecke in Leipzig weiterentwickelt werden.
Oder für die Ausstattung oder Medientechnik für die so dringend auszubauende Bildungsarbeit. Dafür ist das Geld in der Gedenkstättenstiftung bislang offenbar immer zu knapp gewesen.
Der historisch-politischen Bildungsarbeit hilft aber auch, wenn sich die Staatsregierung dafür einsetzt, dass die Zweckbindung der Mittel für Investitionen in der Verwaltungsvereinbarung aufgehoben wird.