19. Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist Erpressung

Pressemitteilung 2016-123

Dresden. Anlässlich der heutigen öffentlichen Anhörung zum 19. Rundfunkänderungsstaatsvertrag erklärt Dr. Claudia Maicher, medienpolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag:

„Der Maßstab eines Gesetzes darf es nicht sein, dass es nicht schadet. Anstatt das Augenmerk auf einen Jugendmedienschutz zu legen, der bei Medienkompetenz ansetzt, wird auch im 19. Rundfunkänderungsstaatsvertrag weiter an technischen Lösungen festgehalten. Eine zeitgemäße Medienkompetenzvermittlung fehlt gänzlich, das reale Nutzungsverhalten von Jugendlichen wird von den politisch Verantwortlichen ignoriert. Es wird ausgeblendet, dass Jugendliche über verschiedene Zugänge Angebote im Internet abrufen und sich ihr Nutzerverhalten grundlegend geändert hat. Sie sind nicht mehr nur Konsumenten, sondern werden in sozialen Netzwerken oder auf Plattformen wie Youtube selbst zu Produzenten.“

Der Sachverständige Michael Scholl (Referent für Medien und Kommunikation beim Deutschen Bundesjugendring) griff dieses Kritik in der Anhörung ebenfalls auf: „Das Internet hebt das Sender-Empfänger Schema auf, es stellt vollkommen andere rechtliche Anforderungen. Diese Dimension bildet der Jugendmedienschutzstaatsvertrag nicht ab.“

„Dass ein medienpädagogischer Ansatz, der Jugendliche zum selbstständigen und souveränen Umgang mit Medien befähigt, im Staatsvertrag komplett fehlt, ist nicht nur nicht zeitgemäß, es verhindert auch einen effektiven, wirksamen Jugendmedienschutz“, kritisiert Maicher. Die Sachverständigen Michael Scholl und Prof. Dr. Joachim Gottberg (Geschäftsführer Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen e.V.) sind der gleichen Auffassung. „Es ist notwendig den inneren Kompass junger Menschen zu stärken. Das wird im Jugendmedienschutzstaatsvertrag nicht ausreichend aufgezeigt“, sagt Scholl.

„Ein effektiver Jugendmedienschutz kann nur durch entsprechende Medienkompetenz erlangt werden. Kinder, Jugendliche und ihre Eltern müssen für den Umgang mit Medien sensibilisiert und dazu befähigt werden. Damit darf nicht erst in der Schule begonnen werden. Mit dem vorliegenden Vertrag wird man diesem grundlegenden Strukturwandel im Jugendmedienschutz nicht gerecht“, sagt Maicher.

„Ich begrüße hingegen sehr, dass endlich ein Angebot für Jugendliche geschaffen wird. Die einseitige Ausrichtung auf ein ausschließliches Internetangebot birgt aus meiner Sicht jedoch die Gefahr, dass nicht alle Jugendliche erreicht werden. Vor allem das schlecht ausgebaute Netz für schnelles Internet und die Kosten für Datenverträge, um Zugang zum Internetangebot zu haben, stellen große Hürden dar.“

„Insgesamt ist der 19. Rundfunkänderungsstaatsvertrag für mich ein klarer Fall von Erpressung. Wer einem Angebot für Jugendliche nicht im Weg stehen möchte, muss einem ungenügenden, nicht zeitgemäßen Jugendmedienschutz zustimmen.“