100 Tage Koalition: Sympathisch allein reicht nicht!

Pressemitteilung 2015-58

Anlässlich der ersten 100 Tage der CDU/SPD-Koalition erklären Volkmar Zschocke und Claudia Maicher, Vorsitzender bzw. stellv. Vorsitzende der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag:

„Sympathischer als die CDU/FDP-Koalition zu sein, reicht allein nicht, dazu gehört nicht viel. Die neue Koalition schwankt zwischen dem ‚Weiter so!‘ der CDU und dem zaghaften Veränderungswillen der SPD. Wer eine grundlegende Erneuerung erhoffte, wird enttäuscht bleiben.“

„Sachsen ist durch die Pegida-Bewegung deutschlandweit in aller Munde. Bezeichnend war, wie spät sich Ministerpräsident Stanislaw Tillich dazu zu Wort meldete. Sein Bekenntnis für ein weltoffenes Sachsen ging neben seinem >>Der Islam gehört nicht zu Sachsen<< unter. Nur Innenminister Markus Ulbig ging Pegida noch mehr auf den Leim. Der erfreuliche Widerstand der SPD kann nicht verdecken, dass von dieser Koalition keine gesellschaftliche Modernisierung in Sachsen ausgehen kann.“

„Niemand wird beziffern können, wie viele Menschen unser Bundesland von ihrer ‚inneren Landkarte‘ gestrichen haben – als Arbeits-, Lebens-, Studien- oder Urlaubsort. Das bedeutet einen schweren Schaden für Sachsens Zukunft, auf den die Koalition bis heute keine gemeinsame Antwort gefunden hat. Erfreuliche Veränderungen wie die Ernennung einer Integrationsministerin oder eine neue Gleichstellungspolitik drohen so, keine positiven Wirkungen zu entfalten.“

„Wir GRÜNEN fordern vor allem Veränderungen für mehr Ökologie und Klimaschutz, für mehr Bildungsgerechtigkeit und Demokratie in Sachsen. Dem kommen CDU und SPD nicht nach.“

„Die schwarz-rote Koalition drückt sich vor einer neuen Energiepolitik, obwohl der geplante Ausstieg des Vattenfallkonzerns aus der Braunkohle nach Veränderungen schreit. Die Chancen der Energiewende werden nicht auf Sachsen warten. Dass CDU und SPD den Ausbau der erneuerbaren Energien und die Energieeffizienz voranbringen wollen, ist bisher ebenso ein leeres Versprechen wie eine bessere Finanzierung für Bus und Bahn.“

„Eine Landwirtschaftspolitik, die sich am Tierwohl und mehr Ökologie orientiert, war von der CDU nicht zu erwarten. Hier hat die SPD komplett versagt. Auch in der Umweltpolitik sieht es nicht besser aus. Nicht einmal die Fouls der FDP-Regierungsbeteiligung, wie die Abschaffung des Baumschutzes, wollte oder konnte die SPD zurückdrehen.“

„Die Bildungspolitik der Koalition ist nach den Zusagen im Wahlkampf eine bittere Enttäuschung. Die Verbesserung des Betreuungsschlüssels in den Krippen entpuppt sich als Mogelpackung, womöglich werden die Eltern dafür auch noch zur Kasse gebeten. In den Schulen sind aus der SPD-Forderung nach zusätzlichen 500 Lehrkräften im Jahr über den Ersatzbedarf hinaus 6.100 Lehrerstellen bis 2019 geworden, was den Bedarf durch ausscheidende Lehrkräfte, steigende Schülerzahlen oder Mehrbedarf zur Umsetzung der Inklusion nicht decken wird. Der neue Gesetzentwurf zu Schulen in freier Trägerschaft trägt nicht den Anforderungen des Verfassungsgerichtsurteils Rechnung und ist somit erneut verfassungswidrig.“

„In der Hochschulpolitik kann die Koalition zwar auf eine deutliche Verbesserung der Finanzierung der Studentenwerke verweisen. Doch der Stellenabbau an den Hochschulen wird planmäßig bis 2016 fortgeführt. Die Aufstockung der Grundfinanzierung geht weit am tatsächlichen Bedarf vorbei.“

„Insgesamt kann von einer nachhaltigen Personalpolitik weiter keine Rede sein. Der Stellenabbau bei der Polizei muss vollständig gestoppt und nicht nur der schwarz-gelbe Aufschlag zurückgenommen werden. Es müssten jährlich 600 Polizeibeamte eingestellt werden, nicht nur 400, alles andere ist Kosmetik. Auch bei den Gerichten und im Justizvollzug reichen die Neueinstellungen nicht aus, um die Altersabgänge der kommenden Jahre auszugleichen. Die Stärkung der Bürgerrechte steht leider ebenso wenig auf der Agenda der Koalition, wie die Verbesserungen der direkten Demokratie in Sachsen, etwa durch die Senkung der notwendigen Unterschriften für Volksentscheide.“

„Der Innenminister ist der Versager der ersten 100 Tage. Seit über zwei Jahren fehlt es an einer vorausschauenden Politik bei der Erstaufnahme von Asylsuchenden und an der Kommunikation mit den aufnehmenden Kommunen. Zudem ist er mitverantwortlich für ein bisher in Deutschland einzigartiges Versammlungsverbot, für dessen Notwendigkeit bis heute eine für die Öffentlichkeit nachvollziehbare Begründung fehlt.“