Die Bereiche Hochschule und Wissenschaft im Koalitionsvertrag

Als hochschulpolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag möchte ich hier die Vereinbarung im Hochschul- und Wissenschaftsbereich im Koalitionsvertrag näher vorstellen. Wir GRÜNE sind mit dem Ziel angetreten, die breite und leistungsfähige Hochschullandschaft in Sachsen weiter voranzubringen. Planungssicherheit, Hochschulautonomie und attraktive Arbeitsbedingungen waren und sind für uns genau so unverrückbare Eckpfeiler guter Hochschulpolitik, wie Mitbestimmung, soziale Studienbedingungen und Chancengleichheit.In langen und intensiven Verhandlungen haben wir uns immer wieder für diese und weitere Punkte stark gemacht. Deshalb freue ich mich, ein Ergebnis vorstellen zu können,
dass diesem Anspruch gerecht wird und einen echten Aufbruch für die sächsische Hochschul- und Wissenschaftslandschaft bedeutet.
Den gesamten Vereinbarungstext und eine Zusammenfassung der Verhandlungsergebnisse aus Grüner Sicht können Sie hier nachlesen:
https://koalitionsvertrag.gruene-sachsen.de/

1. Rahmenbedingungen und Hochschulautonomie
Wir werden die Planungssicherheit für den gesamten Hochschulbereich deutlich ausweiten. Zukünftig werden die Hochschulen eine Grundfinanzierung erhalten, die sowohl erhöht, als auch regelmäßig dynamisiert wird. Bei der Hochschulsteuerung überwinden wir das nicht mehr zeitgemäße Leistungsbudget und gehen zu einem Zwei-Säulen-Finanzierungsmodell über, wobei die zweite Säule Zielvereinbarungs- und Anreizelemente enthält. Zudem konnten wir durchsetzen, dass die geplante Kürzung der Studierendenzahlen ersatzlos entfällt. Wir vertrauen auf die Fähigkeiten der Hochschulen, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln. Deshalb werden wir die Erprobungsklauseln der Hochschulen erweitern, z.B. um ihre Gremien selbst auszugestalten, wobei die Mitbestimmung aller Statusgruppen gesichert bleibt.

2. Mitbestimmung
Das Solidarsystem der Verfassten Studierendenschaft wird wieder hergestellt. Dadurch erhalten die Studierendenvertretungen Planungssicherheit und Semesterticketverhandlungen werden erleichtert. In den Verhandlungen haben wir auch durchgesetzt, dass die Entscheidungszuständigkeiten zwischen den gewählten Gremien, den Hochschulleitungen und den Hochschulräten neu ausgestaltet wird. Die Promovierenden einer Hochschule erhalten künftig das Recht, sich in einem eigenen Vertretungsgremium (Promovierendenrat) zu organisieren.

3. Wissenschaftliches Personal
Wir werden den Anteil an unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen an den Hochschulen steigern und mit den Hochschulen Mindestvertragslaufzeiten für das befristete Personal vereinbaren. Wir haben uns außerdem erfolgreich dafür stark gemacht, dass der gesetzliche Befristungszwang bei Drittmittelbeschäftigung fällt. Durch neue Personalkategorien in der Lehre, Forschung und Wissenschaftsmanagement werden wir Karrierewege schaffen, die jenseits der Professur liegen. Lehrbeauftragte erhalten künftig den Angehörigenstatus und werden nach gemeinsam mit den Hochschulen vereinbarten Honorarrichtlinien vergütet.

4. Chancengleichheit
Wir haben durchgesetzt, dass der – immer noch unterdurchschnittliche – Anteil von Frauen im Wissenschaftsbetrieb gesteigert wird.
Dazu werden alle Hochschulen Gleichstellungskonzepte erarbeiten, die geeignet sind dafür zu sorgen, dass der Frauenanteil auf allen Karrierestufen mindestens dem der Ebene darunter entspricht (Kaskadenmodell). Zukünftig wird bei allen Rektoratswahlen mindestens eine Frau zur Auswahl stehen. Die Gleichstellungsbeauftragten der Hochschulen und die Koordinierungsstelle für Chancengleichheit werden wir stärken. An den Hochschulen werden wir familiengerechte Arbeitszeitmodelle etablieren. Dass ein Studium künftig auch individuell in Teilzeit betrieben werden kann, ist ein wichtiges Instrument zur Herstellung von Chancengleichheit, besonders für diejenigen Studierenden, die aus persönlichen oder sozialen Gründen kein Vollzeitstudium leisten können.

5. Soziale Rahmenbedingungen des Studiums
Wir sind davon überzeugt, dass die sozialen Rahmenbedingungen ein wichtiger Faktor für den Studienerfolg sind. Die Studierendenwerke leisten dabei unverzichtbare Arbeit, ihre Stärkung war und ist für uns von hoher Bedeutung. Wir konnten in den Verhandlungen durchsetzen, dass sie finanziell gestärkt werden und der Freistaat mit ihnen mehrjährige Finanzierungsvereinbarungen abschließt. Dadurch erhalten sie für mehr als eine Haushaltsperiode Planungssicherheit. Hinzu kommt, dass Sachsen endlich wieder in die Förderung von Sanierung und Neubau von Studierendenwohnheimen einsteigt. So können die Mieten sozial gerecht gehalten und der allgemeine Wohnungsmarkt entlastet werden. Wir werden auf die rasche Umsetzung der im Vertrag festgehaltene Überprüfung der Wirksamkeit von Langzeitstudiengebühren drängen. Unser Ziel bleibt deren Abschaffung.

6. Lehramtsausbildung
Nach Jahren des Stillstandes haben wir dafür gesorgt, dass in der Lehramtsausbildung auch neue Wege möglich werden, ohne dass das bestehende System auf den Kopf gestellt wird. In einem Modellstudiengang Schulstufenausbildung werden interessierte Studierende so ausgebildet, dass sie nicht mehr auf nur eine Schulart festgelegt sind, sondern schon im Studium mit mehreren Schularten (Grundschule, Oberschule, Gymnasium) in Berührung kommen und schließlich an diesen unterrichten können. Außerdem wollen wir mit dem Ausbau und der Stärkung der Zentren für Lehramtsausbildung die Qualität des Studiums verbessern, indem insbesondere Koordinierungsschwierigkeiten abgebaut werden.

7. Forschung und Gesellschaft
Von der sächsischen Landesforschungsförderung profitieren traditionell die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften sehr stark. Auch deshalb war es für uns wichtig, dass sie weiter ausgebaut aber auch thematisch erweitert wird. Des Weiteren konnten wir im Koalitionsvertrag verankern, dass es eine Förderlinie für Reallabore geben wird und Citizen Science Formate unterstützt werden. Beides sind wichtige Instrumente, um Forschung und Gesellschaft enger miteinander zu verzahnen.

8. Digitale Hochschule
Die Hochschulen in Sachsen stellen sich durch ihre Studienangebote und Forschung der Aufgabe dafür zu sorgen, dass Sachsen die Digitalisierung aktiv mitgestaltet. Unser Ziel ist es, sie dabei zu unterstützen und die bestehenden Angebote weiterzuentwickeln. Den Studienerfolg in den Informatikstudiengängen wollen wir dabei genau so ausbauen, wie auch deren Frauenanteil. Die Digitalisierung bietet große Chancen für den wissenschaftlichen Fortschritt. Dafür muss Wissen allerdings auch frei zugänglich sein. Deshalb haben wir uns für eine Open-Access-Strategie stark gemacht, um die Hochschulen und Forschenden bei der Umstellung auf freie Publikationstätigkeit und Datenbereitstellung zu unterstützen.

9. Hochschulbau
Den Sanierungsstau im Hochschulbereich haben wir in den vergangenen Jahren stark kritisiert. Im Koalitionsvertrag haben wir nun einen Masterplan 2030 festgelegt, mit dem die Sanierungs- und Neubaubedarfe systematisch reduziert werden. Darüber hinaus sehen wir, dass Baumaßnahmen bisweilen schneller und günstiger umgesetzt werden können, wenn sie in Eigenverantwortung einer Einrichtung durchgeführt werden. Diese Möglichkeit möchten wir den Hochschulen eröffnen und werden daher regeln, dass Hochschulen, wenn sie dies möchten, die Bauherreneigenschaft übernehmen können.

10. Berufsakademie
Die Verhandlungspartner haben vereinbart den Prozess zu beginnen, die Berufsakademie Sachsen in eine Duale Hochschule umzuwandeln. Für uns war in diesem Zusammenhang wichtiger, dass konkrete Verbesserungen an der Berufsakademie zeitnah angegangen werden. Wir haben durchgesetzt, dass der vom Wissenschaftsrat geforderte Anteil an hauptamtlichen Dozentinnen und Dozenten von 50% und eigene Mittel für Forschung verbindlich im Koalitionsvertrag verankert wird.