Die GRÜNE Sicht auf Kulturpolitik und Medienpolitik im Koalitionsvertrag

Die Kulturräume sollen „stärker als bisher finanziell unterstützt“ werden. Hier ist die Gefahr, dass es nur ein einmaliges Trostpflaster gibt. Eine halbherzige Aufstockung um fünf Millionen Euro ist angesichts der Mehrkosten für Personal und durch die Inflation nur ein halber Tropfen auf den heißen Stein. Ohne Dynamisierung, also eine regelmäßige Prüfung und Anpassung, wie sie auch der Sächsische Kultursenat für den Erhalt der sächsischen Kulturlandschaft vorschlägt, fangen wir in kurzer Zeit wieder von vorne an zu diskutieren, während der Kulturabbau in Sachsen weitergeht. Eine Evaluation mit „externer Datenermittlung“ ist der richtige Ansatz. Offen bleibt jedoch, mit welcher Qualität und ob die Daten als tragfähige vergleichende Kulturstatistik nachnutzbar sind? Das Vorhaben, „Empfehlungen des Kultursenats [zu] berücksichtigen“, klingt nicht nach öffentlicher Diskussion, sondern nach verschlossenen Türen und einem Lippenbekenntnis zu Partizipation.

Kultur- und Kreativwirtschaft fördern: Die Vorhaben entsprechen unseren Forderungen weitgehend. Wir werden deren Umsetzung kritisch begleiten.

Wir begrüßen, dass die Landesfachstelle für Bibliotheken als Beratungsinstanz gestärkt werden soll. Eine klare Fehlstelle ist eine gesetzliche Regelung zur Definition von Standards für den Medienetat, Weiterbildung etc.; es ist keine Rede mehr von einem Bibliothekenkonzept 2008 (SPD Projekt, darin: Netz flächendeckend erhalten). Das Vorhaben der SPD, „die sächsische Staats-, Landes- und Universitätsbibliothek (SLUB) zu einer Leitbibliothek mit einer Gesamtverantwortung für das sächsische Bibliothekswesen in Zusammenarbeit mit einer gestärkten Sächsischen Landesstelle für Bibliothekswesen“ auszubauen, steht nicht im Koalitionsvertrag und damit klar im Abseits.

Eine Fortschreibung der Gedenkstättenkonzeption und die Erhöhung der Mittel für die Stiftung sind sinnvoll. Uns fehlt jedoch die Unterstützung zivilgesellschaftlicher Initiativen und Projekte für eine lebendige Aufarbeitung „von unten“. Die „Funktion des Landesbeauftragten für die Unterlagen der Staatssicherheit“ soll weiterentwickelt werden. Unkonkreter geht es nicht. Nach 25 Jahren das Gesetz anzufassen nachdem andere Länder dies längst getan haben, verdient kein besonderes Lob. Sinnvoll wäre eine Erweiterung um einen Bildungsauftrag, Kooperation mit anderen Einrichtungen, Verbänden und Initiativen sowie ein Dokumentationsauftrag.

Mit der Flexibilisierung der Verweildauer im Netz und der Forderung nach Angeboten für „jüngere Menschen“ vollzieht die Koalition länderübergreifende Tendenzen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk nur nach. Für eine Bewertung werden konkrete Fristen, Beträge und organisatorische Lösungen entscheidend sein. Das Vorhaben, den MDR-Staatsvertrag und damit die Zusammensetzung der MDR-Gremien zeitnah zu modernisieren, resultierend aus den Arbeiten und Ergebnissen der Novellierung des ZDF-Staatsvertrages, klingt nach „Abwarten, was beim ZDF herauskommt“, statt nach einer eigenständigen Diskussion der MDR-Gremien. Vielfaltskriterien wie Repräsentation gesellschaftlicher Gruppen, Geschlechtergleichstellung oder größere Staatsferne haben für die Koalition offenbar keine besondere Priorität.

Eine Änderung des Privatrundfunkgesetzes, um die Finanzierung des regelmäßigen Sendebetriebes von nicht-kommerziellen Lokalradios zu gewährleisten, begrüßen wir. Wenn sich die SPD hier wirklich durchgesetzen kann, würde diese peinliche Lücke nach Jahren der Blockade endlich geschlossen.

Eine strukturelle Verankerung von Medienkompetenz in allen Bildungsbereichen und in der Ausbildung ist dringend notwendig. Ohne eine bessere Zusammenarbeit der zuständigen Ministerien mit der Sächsischen Landesmedienanstalt wird sich jedoch wenig bewegen. Die Aufwertung von vermutlich regional angesiedelten Vernetzungsstellen ersetzt keine landesweite Initiative mit einer handlungsfähigen Koordinationsstelle.

Ein multinationaler Sender „Arte Ost“ mit ost-europäischen Nachbarn ist eine interessante Idee, die seit der EU-Erweiterung 2004 im Gespräch ist. Die Umsetzung wäre schwierig, weil trimedial ein akzeptables Qualitätsniveau finanziert werden müsste. Wir sind gespannt auf konkretere Vorschläge.