GRÜNE legen Eckpunkte für ein neues Hochschulgesetz vor

Pressemitteilung 2016/207

Dresden. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag hat heute die GRÜNEN Eckpunkte für einen eigenen Hochschulgesetzentwurf vorgestellt. Hierzu erklärt Dr. Claudia Maicher, die hochschulpolitische Sprecherin der Fraktion:

„Wir wollen das Hochschulgesetz auf den Stand der Zeit bringen. In seiner jetzigen Form hat es sich in vielen Punkten nicht bewährt und untergräbt die Freiheit der Hochschulen. Dazu kommt, dass einige Urteile des Bundesverfassungsgerichtes, besonders zu den Rechten der demokratischen Gremien, auch in Sachsen umgesetzt werden müssen. Ein juristisches Gutachten im Auftrag meiner Fraktion hat dies bestätigt.“

„Natürlich beinhaltet unser Ansatz mehr als nur die drängendsten Brandherde zu löschen. Wir wollen die demokratischen Gremien nicht nur stärken, sondern auch repräsentativer ausgestalten und Verantwortlichkeiten klar regeln. Dazu gehört, dass alle wichtigen Entscheidungen ausschließlich in den gewählten Organen getroffen werden, in denen zudem alle Mitgliedergruppen gleich stark vertreten sind. Die Hochschulräte mit ihrem externen Sachverstand behalten eine strategische Beratungsfunktion. Darüber hinaus ist es uns ein wichtiges Anliegen, die Hochschulautonomie weiter zu stärken. Die Staatsregierung kann den Hochschulen dann keine Zielvereinbarungen einfach aufnötigen, wenn die Hochschulen diesen nicht zustimmen. Wir wollen das Studium den Bedürfnissen der Studierenden anpassen und die Qualität weiter verbessern. Starke Studierendenvertretungen sind dafür eine Selbstverständlichkeit. Deshalb wird das Solidarsystem wieder hergestellt. Die Arbeit in der Wissenschaft soll endlich nicht mehr von Existenzängsten und Karrierebrüchen geprägt sein. Dafür sorgen wir durch die Festlegung klarer Befristungsgründe und gesetzlicher Mindestvertragslaufzeiten. Für die Lehrbeauftragten sehen wir verbindliche Vergütungsregelungen vor.“

„Echte Chancengleichheit ist ein Kernstück unseres Eckpunktepapiers. Dafür wollen wir die Rolle der Gleichstellungsbeauftragten deutlich aufwerten. Hochschulangehörige mit Behinderung sollen ihre Belange in den Entscheidungsgremien besser und nachdrücklicher vertreten wissen.“

„Für uns sind Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) keine Hochschulen zweiter Klasse. Deshalb ist es an der Zeit, die Diskriminierung von Nachwuchsforscherinnen und -forschern an diesen Hochschulen bei der Landesstipendienvergabe zu beenden. Besonders forschungsstarken Bereichen an den HAW eröffnen wir die Möglichkeit eines eigenen Promotionsrechts.“

„Die beschlossenen Eckpunkte sind nun die Grundlage für ein GRÜNES Hochschulgesetz. Damit bereiten wir den Weg für starke, demokratische Hochschulen, an denen erfolgreich studiert, Vielfalt gelebt und gut gearbeitet werden kann.“

Die wichtigsten Änderungen im Überblick:

*Einführung der Viertelparität/Stärkung der demokratischen Gremien
Die Fakultätsräte, der Senat und der Erweiterte Senat der Hochschulen werden viertelparitätisch besetzt und Studierende, HochschullehrerInnen, wissenschaftliche MitarbeiterInnen sowie die sonstigen MitarbeiterInnen sind mit gleicher Sitzanzahl vertreten, wobei die HochschullehrerInnen in Fragen, die Forschung und Lehre betreffen, ein Vetorecht erhalten. Alle wichtigen Fragen werden entweder im Fakultätsrat oder Senat beschlossen. Die verfasste Studierendenschaft erhält das Solidarsystem zurück und wird in ihren Aufgaben aufgewertet, indem sie das Recht erhält, auch zu gesellschaftspolitischen Fragen Stellung beziehen zu können. Die Promovierenden an Hochschulen bilden eigene Promovierendenräte mit Rede- und Antragsrecht in den gewählten Gremien. Die Hochschulräte dienen den Hochschulen in beratender Funktion.

*Hochschulleitungswahlen
Die Vorauswahl der Kandidierenden und die schließliche Wahl der Rektorinnen und Rektoren sowie der Prorektorinnen und Prorektoren obliegt allein dem Erweiterten Senat. Er entscheidet ebenfalls über die Abwahl der Hochschulleitung, wenn der Senat eine solche beantragt.

*Hochschulen als gleichberechtigte Partner
Das Verfahren, mit dem die Staatsregierung und die Hochschulen Zielvereinbarungen abschließen, wird auf eine gleichberechtigte Grundlage gestellt. Einseitige Vorgaben vonseiten des Ministeriums sollen der Vergangenheit angehören. Im Falle einer Nichteinigung entscheidet eine Schlichtungskommission.

*Der Traumjob Wissenschaft
Befristungen von wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind nur noch zum Zweck einer Qualifizierung, wie z. B. einer Promotion, erlaubt und haben dann eine verbindliche Mindestvertragslaufzeit von zwei Jahren. Der Befristungszwang bei Drittmittelbeschäftigungen wird gestrichen und deren Vertragslaufzeiten müssen sich an der Projektlaufzeit orientieren. Lehrbeauftragte werden zu Angehörigen der Hochschulen und haben Anspruch auf eine Vergütung, wie sie wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusteht.

*Studieren mit Erfolg
Jede/r Studierende erhält das Recht, das Studium auch in Teilzeit absolvieren zu können. Langzeitstudiengebühren, die einen erfolgreichen Abschluss des Studiums verhindern können, werden ebenso abgeschafft wie Studiengebühren für ausländische Studierende. Die Qualität des Studiums wird durch eine umfassende Akkreditierungspflicht des Lehrangebotes besser gesichert.

*Gleichstellungsarbeit ernst nehmen
Die Gleichstellungsbeauftragten sollen ihre Tätigkeit hauptamtlich ausüben können und Anspruch auf die dafür nötigen Ressourcen erhalten. In den Berufungskommissionen für Professuren und im Senat erhalten sie eine Stimme. Erheben sie gegen eine Maßnahme aus gleichstellungspolitischen Gründen Widerspruch, hat dies eine aufschiebende Vetowirkung.

*Die Leistung der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften würdigen
Die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) können ein partielles Promotionsrecht für einzelne Fachbereiche beantragen. Promovierende, die ihre Forschungsarbeit an einer HAW leisten, werden für das Landesstipendienprogramm zugelassen.

*Ethische Forschung fördern
Militärische Forschungsvorhaben müssen den Senaten angezeigt werden. Die Hochschulen werden ermächtigt, sich in Form sogenannter Zivilklauseln zu ausschließlich nicht-militärischer Forschung zu verpflichten.

>> Das ausführliche Eckpunktepapier für ein GRÜNES Hochschulgesetz finden Sie hier.

>> Das Gutachten des Juristischen Dienstes zur Verfassungskonformität des Sächsischen Hochschulgesetzes finden Sie hier.

Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an:
Michael Moschke
Parlamentarischer Berater für Hochschule und Wissenschaft
Telefon: 0351/ 493 48 35, Mobil: 0176/ 434 76 086