Drin oder Nichtdrin? – Diskussionsabend zum britischen EU-Referendum in Leipzig

Drin oder Nichtdrin, was ist hier die Frage? – Eine Woche vor dem Referendum, in dem die Britinnen und Briten entscheiden, ob ihr Land Mitglied der Europäischen Union bleibt, war der mögliche »Brexit« Thema einer gemeinsamen Podiumsdiskussion mit Reinhard Bütikofer in Leipzig. Unsere Gäste im Podium waren die Vorsitzende der Deutsch-Britischen Gesellschaft Dresden, Anna-Maria Gramatté und der Inhaber der Professur Europäische Integration an der Technischen Universität Chemnitz, Prof. Dr. Matthias Niedobitek.

Der Ausgang des Referendums ist nicht nur aus britischer Perspektive von Bedeutung. Es bewegt auch die Menschen im restlichen Teil der Europäischen Union. Nicht zuletzt für Sachsen, dessen wichtigster EU-Export-Partner das Vereinigte Königreich ist, ist die Frage des EU-Verbleibs entscheidend.

So drehte sich die Diskussion zunächst um die politischen Umstände und um das mediale Echo in Großbritannien, unter denen das Referendum stattfindet. Anna-Maria Gramatté erläuterte, wie sich die Argumente der beiden Lager in den vergangenen Wochen und Monaten zugespitzt, der Ton sich verschärft; und welchen Anteil die Medien in Großbritannien daran haben. In den zurückliegenden Wochen hat das etwa dazu geführt, dass den überwiegend ökonomischen Argumenten der EU-Befürworter in erster Linie emotional verfängliche Botschaften entgegengesetzt werden. Bedauerlicherweise erfolgt die Kampagne, die für den Ausstieg wirbt, zunehmend auf dem Rücken von Geflüchteten und entlang einer restriktiveren Zuwanderungsrhetorik. Das ist durchaus eine Warnung für Europa, wenn wir uns beispielsweise auch in Deutschland weiter an politische Sachargumente halten und Populismus entgegentreten wollen.

Das umstrittenden Manöver des britischen Premierministers David Cameron nach einer überwiegend EU-skeptischen Einstellung nun vehement für den Verbleib des Vereinigten Königreichs in der Union zu werben ist dabei weniger ein öffentliches Thema in Großbritannien, als es aus politischer Sicht kritisiert wird. Reinhard Bütikofer gab dabei zu bedenken, wie das europäische Integrationsprojekt zur Projektionsfläche innerstaatlicher Kontroversen gemacht wird und Europa nachhaltig darunter leiden könnte.

In diesem Zusammenhang und mit Blick auf den durchaus als möglich erscheinenden Austritt brachte Prof. Niedobitek ein, dass Austrittsverhandlungen abseits politischer Kontroversen und öffentlicher Debatten durchaus nüchtern und unaufgeregt, innerhalb eines klar abgesteckten Zwei-Jahres-Rahmens abgeschlossen werden könnten.

Aus den Reihen des Publikums kamen zahlreiche Wortbeiträge, die den möglichen »Brexit« aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet haben. Dabei war nicht nur die Frage von Währungsschwankungen und der unternehmerischen Planungssicherheit eines EU-Austritts von Interesse, sondern auch die ganz grundsätzliche Frage, was ein Austritt des Vereinigten Königreich für die Europäische Union und die Integration bedeuten würde.

Letztendlich fällt die Entscheidung über den EU-Verbleib am 23. Juni. Es bleibt nicht nur das Ergebnis abzuwarten, sondern auch – unabhängig vom Ausgang – die Folgen für Europa. Hier haben wir es in der Hand, die Europa-Debatte positiv zu führen und deutlich zu machen, warum wir nicht nur Großbritannien in der EU brauchen, sondern auch, warum die EU weiterhin ein wichtiges Zukunftsprojekt ist.